Die Geschichte der Paneuropa-Bewegung PDF Print

von Stephan Baier

Es war ein und dieselbe Persönlichkeit, die Anfang der zwanziger Jahre die Paneuropa-Idee entwickelte, sie ab 1922 propagierte und in den ersten Jahrzehnten der Paneuropa-Union der Motor dieser Bewegung war: Richard Coudenhove-Kalergi, geboren am 17. November 1894 in Tokio, gestorben am 27. Juli 1972 in Schruns (Vorarlberg). Seine Mutter, Mitsuko Aoyama, war Japanerin, die sein Vater, Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi, während seiner Zeit als Diplomat an der österreichisch-ungarischen Gesandtschaft in Japan kennengelernt hatte 1.

Mit etwa anderthalb Jahren kam Richard Coudenhove-Kalergi nach Europa und wuchs im westböhmischen Schloß Ronsperg, nahe der Grenze zu Bayern, auf. Inmitten einer Zeit des aufkeimenden Nationalismus schuf Richards aus dem diplomatischen Dienst des Kaisers ausgeschiedener Vater auf Schloß Ronsperg eine Sphäre des Kosmopolitismus, der Internationalität, der Gelehrsamkeit und der Toleranz. Über Heinrichs Bibliothek schreibt der Sohn: „Auf dunklen Holzsäulen rings um den Raum standen lebensgroße Büsten großer Denker: Sokrates und Plato, Mark Aurel und Aristoteles, Kant und Schopenhauer. Zwischen diesen Philosophen stand eine Christusbüste und Michelangelos Moses. Kleinere Büsten standen auf Tischen: Goethe und Schiller, Homer, Apollo und Napoleon. Über der Eingangstür hing ein seltenes buntes Bild Zarathustras, und die Fensternischen waren mit kalligraphierten Koran-Texten geschmückt.“

Auf dem Schloß lebten die ungarische Gesellschafterin der Mutter, englische und französische Gouvernanten, ein österreichischer Hofmeister und der bayerische Privatsekretär Heinrich Coudenhove-Kalergis. Häufig kamen tschechische Angestellte, ein russischer Lehrer sowie ein mohammedanischer Albaner, der Heinrich in türkischer Sprache unterrichtete, ein indischer Gelehrter und der Rabbiner von Pilsen. So wuchs Richard in einer kleinen, vom Vater geschaffenen Welt auf, die weder religiöse noch nationale Intoleranz kannte oder duldete. Darüber hinaus erschien den Kindern der Vater als Europäer: „Unsere Mutter verkörperte für uns Asien, unser Vater Europa. Es wäre uns schwergefallen, ihn mit irgendeiner Nation zu identifizieren. So war in unseren Augen Europa stets eine selbstverständliche Einheit, das Land unseres Vaters.“

Diese „kosmopolitische Oase“ Ronsperg lag zwischen der etwa zehn Kilometer entfernten Reichsgrenze Österreichs zu Deutschland und der etwa fünf Kilometer entfernten Sprachgrenze, „an der die deutsche und die slawische Welt zusammenstießen“. Durch Gegensatz zwischen der vielsprachigen und toleranten Welt auf Schloß Ronsperg und dem zunehmenden Nationalismus außerhalb, sowie durch die Belehrung des Vaters „kamen wir frühzeitig auf den Verdacht, daß die sogenannten nationalen Erbfeindschaften letzten Endes auf Unwissenheit beruhen, auf Vorurteil und Volksbetrug“. Richard Coudenhove-Kalergis spätere Paneuropa-Idee war zweifellos geprägt durch die Persönlichkeit seines Vaters und den Lebensraum, den dieser für seine Familie geschaffen hatte. Nach dem Tod seines Vater lebte Richard in Ronsperg, Brixen und Wien, wo er in die Theresianische Akademie eintrat.

Die Entwicklung der Paneuropa-Idee durch Coudenhove-Kalergi

In Wien begann Richard Coudenhove-Kalergi seine eigenständigen philosophischen Gedanken zu entwickeln, insbesondere über die Objektivität als Grundprinzip der Moral. Er versuchte, eine Ethik unabhängig von der Religion und über der Verschiedenheit der Religionen und Kulturen stehend zu entwickeln, ausgehend vom Gedanken, „daß die objektive Perspektive die moralische ist und die subjektive die unmoralische“. Während seine Schwester, Ida Görres, zu einer der bedeutendsten katholischen Schriftstellerinnen dieses Jahrhunderts wurde, war Richard Coudenhove-Kalergis Religiosität stets auch stark von asiatischen Einflüssen geprägt.

1913 begann er in Wien das Studium der Philosophie und modernen Geschichte. Doch schon im darauffolgenden Jahr riß ihn, der seiner Neigung nach Philosoph und Professor für Philosophie werden wollte, der Erste Weltkrieg aus den eigenen Plänen. An die Schauspielerin Ida Roland, seine erste Frau, schrieb er am 31. August 1918: „Das traurigste am ganzen Weltkrieg sehe ich nicht so sehr in den schrecklichen Morden und Grausamkeiten in allen Weltgegenden; das ist alles vorübergehend. Was an Entsetzlichkeit, vielleicht für die nächsten Jahrhunderte bleibt, ist die nun einmal erwachte aggressive Tendenz des Nationalbewußtseins.“ 1962 schrieb er rückblickend: „Den ersten Weltkrieg empfand ich als Bürgerkrieg zwischen Europäern: als Katastrophe erster Ordnung.“ Den Zusammenbruch der alten Ordnung am Ende des Weltkrieges begrüßte der junge Richard Coudenhove-Kalergi 2. Er setzte auf Wilson und den Völkerbund, mußte jedoch bald erkennen, daß „1919 Europa uneiniger denn je seit den Tagen der Völkerwanderung“ war. Durch den Ersten Weltkrieg und die gescheiterte Neuordnung Europas an dessen Ende wandte sich Coudenhove-Kalergis Perspektive von der Philosophie zur Politik.

Durch die Pariser Vorortverträge wurde der in Wien lebende und in Ronsperg beheimatete junge Philosoph Staatsbürger der Tschechoslowakei, mit der ihn nach eigener Aussage nur die Verehrung für deren Staatspräsident, Thomas G. Masaryk, verband. Ihn versuchte er bereits 1920 davon zu überzeugen, daß „nur ein einiges Europa sich militärisch gegen die russische Drohung und wirtschaftlich gegen die wachsende amerikanische Konkurrenz schützen könnte“. Doch als Masaryk keine staatliche Initiative ergriff, entschloß sich Coudenhove-Kalergi, selbst zur Initiative.

Seine Vision eines vereinten Europa stellte er erstmals in dem Artikel „Paneuropa - ein Vorschlag“ dar, der am 15.11.1922 in der „Vossischen Zeitung“ in Berlin, und zwei Tage später in der Wiener „Neue Freie Presse“ erschien. 1923 schrieb er auf Schloß Würting in Oberösterreich sein programmatisches Buch „Pan-Europa“, dessen Inhalt zu seinem Lebensthema werden sollte. Dabei ging es ihm weder um eine akademische Erörterung noch um eine inspirative Schrift für die Politiker, sondern um den Startschuß für eine Massenbewegung: „Dieses Buch ist bestimmt, eine große politische Bewegung zu wecken, die in allen Völkern Europas schlummert“, formuliert er am Beginn des Vorwortes. Coudenhove-Kalergi war überzeugt, daß der Niedergang Europas keine biologischen, sondern politische Ursachen hat: „Nicht die Völker Europas sind senil - sondern nur ihr politisches System. Dessen radikale Änderung kann und muß zur vollen Heilung des kranken Erdteiles führen.“ Er analysiert die europäische Gegenwart im weltpolitischen Kontext und fordert den Zusammenschluß Europas als Überlebensstrategie: „Die europäische Frage wird erst gelöst werden durch einen Zusammenschluß seiner Völker. Dieser Zusammenschluß wird entweder freiwillig erfolgen durch Bildung eines Paneuropäischen Staatenbundes - oder aber gewaltsam durch eine russische Eroberung.“

In aller Deutlichkeit warnte Coudenhove-Kalergi bereits 1923 vor dem „Zukunftskrieg“, der 1939 dann - gerade weil seine Warnungen überhört wurden, seinen Forderungen nicht Folge geleistet worden war - tatsächlich ausbrechen sollte: „Europa befindet sich gegenwärtig auf dem Weg zu einem neuen Krieg.“3 Seine Schrift „Pan-Europa“ ist aber weit mehr als ein propagandistischer Aufruf. Der Autor versucht seine Idee philosophisch, historisch, politisch und wirtschaftlich zu begründen und setzt sich bereits hier mit den künftigen Gegnern4 der Paneuropa-Union auseinander.

Coudenhove-Kalergi dachte ganz offensichtlich daran, mit seiner Schrift eine Massenbewegung auszulösen. Die Jugend Europas hielt er für berufen, „diese Bewegung zu führen: die Jugend der Jahre und der Gesinnung. Sie will nicht durch Politiker, die einer Umstellung ihres verkalkten Denkens nicht mehr fähig sind, in den Gaskrieg der Zukunft hineingetrieben werden.“ Er appellierte aber auch an die „Frauen Europas“, die „Führer des europäischen Geistes“ und „alle Europäer, die guten Willens sind“. Als Symbol gab er seiner Bewegung 1923 das „Rote Kreuz auf goldener Sonne, das Symbol der Menschlichkeit und des Geistes“.

Der erste Anlauf zur Einigung Europas: 1923-1932

Coudenhove-Kalergis paneuropäischer Aufruf fand schnell Bewunderer und Anhänger in intellektuellen Kreisen. Dazu gehörten Maximilian Harden, (zeitweise) Heinrich und Thomas Mann, Stefan Zweig, Gerhard Hauptmann, Rainer Maria Rilke, Franz Werfel, Arthur Schnitzler, Sigmund Freud, der Herausgeber der Wiener "Neue Freie Presse", Ernst Benedikt, und der Chefredakteur der Berliner "Vossische Zeitung", Georg Bernhard.

In Österreich wurde Bundeskanzler Ignaz Seipel Präsident der Paneuropa-Union, während - auf Seipels Anraten - der damalige Vizekanzler Karl Renner und der Führer der Großdeutschen, Franz Dinghofer, als Vizepräsidenten fungierten. Damit hatte der Gründer der Paneuropa-Bewegung - zumindest in Österreich und Deutschland - das Ziel erreicht, seine Bewegung über die Parteigrenzen hinaus zu verankern 5: „Der Umstand, daß so hervorragende Führer des europäischen Katholizismus und Sozialismus sich in Deutschland und Österreich öffentlich zur Paneuropa-Idee bekannten, nahm ihr den Charakter einer Utopie.“6

Die österreichische Regierung stellte der Paneuropa-Union Räume in der Wiener Hofburg zur Verfügung, die bis zum Anschluß 1938 als Zentralbüro dienten. In Österreich und Deutschland fand die Bewegung schnell Anhänger 7. Im April 1924 erschien erstmals die Monatszeitschrift "Paneuropa" als offizielles Organ der Paneuropa-Union. In den folgenden Monaten mühte sich Coudenhove-Kalergi seine Bewegung in möglichst vielen Staaten Europas zu verankern und auch in den USA Sympathien für "Paneuropa" zu gewinnen. Am 3.-6. Oktober 1926 berief er den ersten Paneuropa-Kongreß nach Wien ein, an dem 2.000 Personen aus 24 Nationen teilnahmen. Richard Coudenhove-Kalergi wurde per Akklamation zum Internationalen Präsidenten gewählt. 1927 wurde der französische Außenminister Aristide Briand Ehrenpräsident der Internationalen Paneuropa-Union.

Auf beharrliches Drängen Coudenhove-Kalergis schlug Briand am 5.9.1929 in einer Rede vor dem Genfer Völkerbund die Schaffung einer Föderation der europäischen Nationen vor. Doch schon im Oktober 1929 veränderte sich die politische Lage durch den Tod des deutschen Außenministers Stresemann, den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise. Nach den Stimmenzuwächsen der NSdAP in Deutschland und dem Sturz Briands in Frankreich war dieser Versuch der Einigung Europas endgültig gescheitert. Coudenhove-Kalergi selbst urteilte später: „Wäre seine Initiative erfolgreich gewesen, so hätte es kein Drittes Reich gegeben und keinen zweiten Weltkrieg.“ 8

Kampf gegen Hitler und Ringen um die Nachkriegsordnung: 1933-1945

Um Hitlers Aufstieg in Deutschland entgegenzuwirken, berief die Paneuropa-Union ihren zweiten internationalen Kongreß für den 17.5.1930 in Berlin ein. In den Jahren vor Hitlers Machtergreifung arbeitete die Paneuropa-Union für die deutsch-französische Aussöhnung und eine Teilrevision der Pariser Vorortverträge. Beim dritten Kongreß im Oktober 1932 in Basel betonte Coudenhove-Kalergi zum wiederholten Male seine kompromißlose Ablehnung Hitlers und Stalins: „Stalin bereitet den Bürgerkrieg vor - Hitler den Völkerkrieg.“ Dies kostete ihn auf beiden Seiten Anhänger9. Der Gründer der Paneuropa-Bewegung hielt seinen letzten Vortrag in Berlin am 30. Jänner 1933, an dem Tag, an dem Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde. Noch im selben Jahr wurde in Deutschland jegliche Paneuropa-Literatur verboten.

Die Paneuropa-Bewegung konzentrierte sich ab 1933 stark auf Österreich. Coudenhove-Kalergi war überzeugt: „...von der Aufrechterhaltung der österreichischen Unabhängigkeit hängt die Zukunft Europas ab“10. Bundeskanzler Engelbert Dollfuß übernahm das Ehrenpräsidium der Paneuropa-Union Österreichs. Coudenhove-Kalergi setzte sich auch schriftstellerisch mit dem Nationalsozialismus, den er tief verachtete11, und dem Kommunismus auseinander: Sein 1931 erschienenes Werk "Stalin & Co"12 und das 1937 erstmal erschienene "Totaler Staat - Totaler Mensch"13 sind Coudenhove-Kalergis philosophische, politische und polemische Abrechnung mit den beiden großen totalitären Bewegungen dieses Jahrhunderts.

Nach der Ermordung von Bundeskanzler Dollfuß übernahm dessen Nachfolger, Kurt von Schuschnigg, das Ehrenpräsidium der österreichischen Paneuropa-Union. Unter seinem Vorsitz tagte 1935 im Wiener Parlament der 4. Paneuropa-Kongreß „als große internationale Kundgebung gegen den Nationalsozialismus“. Coudenhove-Kalergi bemühte sich zwischen 1934 und 1938 um ein Bündnis zwischen Österreich, Frankreich und Italien und führte zu diesem Zweck auch Gespräche mit Mussolini. Unmittelbar nach dem "Anschluß" Österreichs 1938 wurde die Paneuropa-Zentrale in der Wiener Hofburg besetzt, „vierzigtausend Bände des Paneuropa-Verlages wurden vernichtet, ebenso alle unsere Archive und Korrespondenzen seit Beginn der Bewegung“.

Coudenhove-Kalgeri verlagerte seine Aktivitäten in die Schweiz und nach Paris, wo er durch seine Bemühungen um die Gründung einer österreichischen Exilregierung auch seinen späteren Nachfolger, den österreichischen Kronprinz Otto näher kennenlernte14. Nach der Besetzung der sog. "Rest-Tschechoslowakei" nahm er die französische Staatsbürgerschaft an. Dennoch schrieb er später: „Ich bin seit dem Zusammenbruch meines österreichisch-ungarischen Vaterlandes ein überzeugter europäischer Patriot, trotz meiner französischen und vorher tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft.“ Fest von einer Niederlage des Deutschen Reiches überzeugt, bemühte er sich um ein enges Bündnis zwischen Frankreich und Großbritannien und darum, daß diese Staaten die Schaffung Paneuropas zu ihrem Kriegsziel erklären sollten.

1940 floh der Präsident der Paneuropa-Union über Frankreich, Spanien und Portugal nach New York15. Als Co-Direktor des "Research Seminar for Postwar European Federation" an der New York University arbeitete er weiterhin an paneuropäischen Plänen. Von der in den USA nach dem Überfall Japans auf Pearl Harbour aufkommenden anti-japanischen Hetze war er persönlich nicht beeinträchtigt. Um die Frage der "Vereinigten Staaten von Europa" in der amerikanischen Öffentlichkeit aufzurollen, berief Coudenhove-Kalergi für den 25.3.1943 den 5. Paneuropa-Kongreß nach New York ein 16. Ab Herbst hielt er als Professor für Geschichte an der New York University Vorlesungen über die Geschichte Europas zwischen den Weltkriegen. Neben seiner Propaganda für Paneuropa als Kriegsziel des Westens bemühte sich Coudenhove-Kalergi um eine offizielle Repräsentanz Österreichs. Mit Otto von Habsburg, der von 1940 bis 1944 in Washington lebte, arbeitete Coudenhove-Kalergi in dieser Zeit sowohl im politischen Eintreten für Österreich, bei humanitären Hilfsaktionen, in der Südtirol-Frage als auch in der paneuropäischen Arbeit zusammen. 1946 kehrte er nach Europa zurück. Er hatte den Eindruck, „daß Amerika, vom Weißen Haus zum State Department und vom Kongreß zur öffentlichen Meinung“ bereit sei, „die Idee der Vereinigten Staaten von Europa zu fördern - unter der Voraussetzung, daß die Europäer selbst diese Einigung wünschten. Denn nichts lag den Amerikanern ferner, als ihr eigenes System einem widerstrebenden Europa aufzudrängen.“

Europa bis an die "Grenze der Freiheit": 1946-1972

Nach Europa zurückgekehrt, erkannte der Paneuropa-Gründer schnell, daß seine Nachkriegsvision nicht nur Freunde und Anhänger finden würde: „Die Sieger des Zweiten Weltkrieges waren Nationalismus und Kommunismus.“ Die größte Gefahr drohte den Europäern nach Ansicht von Coudenhove-Kalergi durch den imperialistischen Kommunismus. Der Paneuropa-Gründer sah, „daß der lebende Stalin für ihre Freiheit gefährlicher war als der tote Hitler. Daß eine Fortsetzung der Rachepolitik gegen Deutschland dieses in die Arme Stalins treiben müsse. Und daß es nur mit Hilfe Deutschlands möglich wäre, die russische Drohung dauernd abzuwehren.“ Bereits 1923 hatte Coudenhove-Kalergi in prophetischer Voraussicht über den drohenden „Zukunftskrieg“ geschrieben: „Wie immer der europäische Zukunftskrieg enden mag - es wird nur eine Macht als Sieger aus ihm hervorgehen: Rußland.“ Nun mußte er mitansehen, wie Rußland seine Herrschaftssphäre bis über seinen Geburtsort Ronsperg und seine zweite Heimat, Wien, hinaus ausdehnte. Zwei Themen wurden deshalb bestimmend für die Paneuropa-Arbeit zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa in den Jahren 1989-1991: einerseits die Konfrontation mit dem Kommunismus und die Propaganda für eine Befreiung der Völker Mittel- und Osteuropas von der sowjetischen Fremdherrschaft, andererseits das Streben nach einer immer tieferen wirtschaftlichen und politischen Vereinigung der freien Staaten Europas.

Coudenhove-Kalergi sah nach dem Zweiten Weltkrieg zwei Persönlichkeiten, die er für entscheidende Impulse zur Einigung Europas gewinnen wollte: Winston Churchill und Charles de Gaulle. Mit Churchill und dessen Schwiegersohn Duncan Sandys plante er den Wiederaufbau einer paneuropäischen Bewegung. Der frühere britische Premier gründete jedoch dann auf Drängen Sandys' eine eigene Organisation, das "United Europe Movement". Coudenhove entschloß sich wiederum zu einer privaten Initiative mit dem Ziel einer Einberufung einer Europäischen Konstituante. So schrieb er einen Brief an 3913 Parlamentarier mit der Frage: „Sind Sie für eine Föderation im Rahmen der Vereinten Nationen?“ Die Fragen gingen an Abgeordnete der nationalen Parlamente in 12 Staaten: Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden und Schweiz. Bewußt ausgelassen hatte Coudenhove-Kalergi Spanien und Portugal wegen der dortigen Machtverhältnisse, sowie die Länder Mittel- und Osteuropas in denen er aufgrund der realen sowjetischen Macht keine freien Parlamente annehmen konnte. In Deutschland gab es noch kein Parlament. Nach Österreich schickte er zunächst keine Fragebogen wegen der sowjetischen Besetzung. „Aber bald erklärten sich beide großen Parteien, Katholiken wie Sozialisten, einmütig für eine europäische Föderation“, so umschreibt er die Tatsache, daß auf Initiative des ÖVP-Nationalrates Eduard Ludwig Österreich miteinbezogen wurde. Insgesamt hatten 41,5 Prozent der Befragten mit "Ja" geantwortet, 1,2 Prozent mit "Nein", von den Antworten waren 97,2 Prozent positiv und nur 2,8 Prozent negativ. 1947 gründete Coudenhove-Kalergi gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Sozialisten im belgischen Senat die "Europäische Parlamentarier-Union" (EPU) als die erste europäische Plattform für frei gewählte Parlamentarier.

Die beim zweiten Kongreß der EPU 1948 in Interlaken versammelten Parlamentarier waren zu sehr ihren jeweiligen nationalen Strukturen verhaftet, um den "Interlaken-Plan", die Grundstruktur einer europäischen Bundesverfassung, durchzusetzen. Unbestreitbar aber war die EPU der erste Anstoß zur Gründung des Europarates 194917. Coudenhove-Kalergi resumierte später diese Epoche so: „Obgleich der Straßburger Europarat die Hoffnungen, die ihn bei seiner Gründung getragen hatten, nicht erfüllte, bleibt das Jahr 1949 ein Markstein in der Geschichte Europas. Zum erstenmal war `Europa` aus einem geographischen zu einem politischen Begriff geworden.“ Die EPU wurde 1952 der Europäischen Bewegung - deren Ehrenpräsident Coudenhove-Kalergi neben Adenauer, Churchill, de Gasperi, Schuman und Spaak war - eingegliedert und verschwand. Coudenhove-Kalergi konzentrierte sich auf den Wiederaufbau seiner Paneuropa-Union.

Nach seiner Auffassung war die Initiative mit dem Schuman-Plan von den Parlamenten zu den Regierungen übergegangen, vor allem auf „drei überzeugte und überragende europäische Katholiken an der Spitze der drei großen kontinentalen Nationen“, nämlich Konrad Adenauer, Robert Schuman und Alcide de Gasperi. Wie de Gaulle (und in zahlreichen freundschaftlichen Gesprächen mit ihm) gelangte Coudenhove-Kalergi zu der Ansicht, daß das politisch vereinigte Europa nicht aus dem Europarat hervorgehen würde, sondern aus der Versöhnung zwischen Deutschland und Frankreich. Über der Frage, ob de Gaulles und Adenauers Vorschlag eines europäischen Staatenbundes, der Fouchet-Plan, den europäischen Bundesstaat vorbereitet oder verhindert, spalten sich die Europa-Bewegungen. Die Paneuropa-Union stellte sich bei ihrem 9. internationalen Kongreß in Nizza eindeutig auf die Seite de Gaulles, ebenso wie sie dessen Freundschaftspolitik gegenüber Deutschland förderte: „Nur der französische Nationalheld Charles de Gaulle, der Todfeind Hitlers, konnte die französischen Nationalisten davon überzeugen, daß eine neue Weltstunde geschlagen hatte, in der es keinen Platz mehr gab für Krieg und Haß zwischen diesen beiden europäischen Kernvölkern“, schrieb Coudenhove-Kalergi.

Über de Gaulles Europa-Politik kam es schließlich zum Bruch zwischen der Paneuropa-Bewegung und der Europa-Union. Nachdem letztere im französischen Präsidentschaftswahlkampf 1965 dem kommunistischen Gegenkandidaten de Gaulles, Mitterrand, die Gelegenheit zur Profilierung gegeben hatte, trat Coudenhove-Kalergi vom Ehrenpräsidium der Europa-Union zurück. Er begann gleichzeitig die Reorganisation der Paneuropa-Union unter Leitung des Internationalen Generalsekretärs Vittorio Pons.

Coudenhove-Kalergi selbst hatte Otto von Habsburg, der 1957 in den Zentralrat der Paneuropa-Union gewählt worden war und die Position eines Vizepräsidenten übernommen hatte, als seinen Nachfolger ausersehen. So flexibel der Gründer der Paneuropa-Bewegung in der Zusammenarbeit mit Politikern der unterschiedlichsten Nationen und Parteien stets gewesen war, so suchte er doch einen Nachfolger, der, wie er selbst, Paneuropa nicht als Mittel zu einem Zweck, sondern als Selbstzweck sah und wirklich ein europäischer Patriot war. Otto von Habsburg, dessen familiäre Wurzeln die Mehrzahl der europäischen Völker berühren und dessen Lebensweg ihn von Österreich-Ungarn über die Schweiz, Spanien, Madeira, Belgien, Frankreich und die USA nach Bayern geführt hatte, schien ihm der einzig geeignete Nachfolger zu sein. Am 27. Juli 1972 starb Richard Coudenhove-Kalergi in Vorarlberg.

Der Neustart der Paneuropa-Bewegung unter Otto von Habsburg 1972-1978

Nach dem Tod Coudenhove-Kalergis waren es zwei Persönlichkeiten, die eine Auflösung der Paneuropa-Union verhinderten und die Arbeit neu strukturierten: Otto von Habsburg, der auf Vorschlag des französischen Staatspräsidenten Georges Pompidou 1973 zum Internationalen Präsidenten gewählt wurde, und der aus Italien stammende langjährige Berater der EG-Kommission und Generalsekretär der Paneuropa-Union, Vittorio Pons 18. Otto von Habsburgs politisches Handeln war zu dieser Zeit längst nicht mehr auf Österreich oder den Donauraum konzentriert, sondern zielte auf die Vereinigung Europas, wie ein Zitat aus dem Jahr 1953 zeigt: „Die Einheit der europäischen christlichen Welt, das Ende des nationalen Widerstreites, eine wahre Verständigung auf dem Boden der moralischen Grundlagen und des unantastbaren Rechts, die die Größe des Abendlandes schufen, ist das Gebot der Zeit.“19 Wie er selbst immer wieder betonte, hat ihn vor allem die Zeit des Exils in Amerika Europa als Einheit begreifen lassen. 1965, sieben Jahre bevor er das Präsidium der Paneuropa-Union übernahm und 14 Jahre bevor er in das Europäische Parlament gewählt wurde, skizzierte Otto von Habsburg die Herausforderung so: „Ein politisches Europa erheischt vorerst eine gemeinsame Außenpolitik. Die Ereignisse lassen das Herannahen großer Entscheidungen erkennen, in welchen unser Erdteil sein Wort sprechen muß, soll er nicht ein Opfer der Entwicklung werden. Das ist nur möglich, wenn hinter dem Begriff Europa eine wirkliche Macht steht, das heißt: der geeinte Wille der europäischen Völker.“

Coudenhove-Kalergi hatte sich zeit seines Lebens bemüht, eine möglichst breite weltanschauliche Basis für Paneuropa zu gewinnen. Von Anfang an appellierte er an „sämtliche demokratische Parteien Europas“, sah Paneuropas Gegner nur in den Nationalisten, Kommunisten, Militaristen und Schutzzollindustrien. Doch in der Auseinandersetzung um die Politik de Gaulles wurde bereits deutlich, daß nicht mehr nur zur Debatte stand, wer für oder gegen die Einigung Europas sei, sondern auch, wie der Weg und wie das Ziel der Einigungsbestrebungen zu sein habe.

Diesem Erfordernis versuchte Otto von Habsburg durch die Grundsatzerklärung der Internationalen Paneuropa-Union, die am 12.5.1973 in Straßburg verabschiedet wurde, Rechnung zu tragen. Darin spricht sich die Bewegung „für die ehebaldigste Verwirklichung einer europäischen Konföderation, als erster Schritt zur politischen Einigung unseres Erdteiles“20 aus. Während sich die Paneuropa-Union in der konkreten Gestaltung der Einigung pragmatisch gibt, bekennt sie sich zu „den moralischen Grundsätzen eines Europas, welches den wesentlichen Elementen seiner Tradition, seiner geschichtlichen Größe und seiner weltweiten Berufung treu bleiben muß“.

In einem „Vier-Punkte-Programm“ schärfte Otto von Habsburg 1976 das Profil der Paneuropa-Union: An der Spitze stand dabei das Bekenntnis zu Groß-Europa und die Weigerung, den Eisernen Vorhang als endgültige Trennungslinie anzuerkennen. In dem wohl am weitesten verbreiteten Flugblatt der Paneuropa-Union heißt es dazu: „Für uns endet Europa nicht an jener widernatürlichen und verbrecherischen Grenze, die seit 1945 unseren Kontinent im Herzen teilt. Für uns sind Polen und Ungarn, Tschechen und Slowenen, Balten und Rumänen sowie die Millionen Ost- und Mitteldeutschen unter dem Joch kommunistischer Partei- und Militärdiktaturen genauso Europäer wie Franzosen, Österreicher oder Spanier.“ Insbesondere in der Zeit der sogenannten "Entspannungs-Politik" wurde die antikommunistische Propaganda der Paneuropa-Union zum Markenzeichen der Bewegung. Ihre Forderung, der Westen solle nicht die Kooperation mit den kommunistischen Diktatoren, sondern mit den unterdrückten Völkern suchen, stand in krassem Widerspruch zur Politik der "friedlichen Koexistenz" und des "Wandels durch Annäherung", für die besonders der deutsche Bundeskanzler Willy Brandt eine Symbolfigur wurde. Otto von Habsburg schrieb dazu: „Vor allem müssen wir in unseren Ländern das freie System stärken. Wir müssen das besonders dort unterstreichen, wo es noch Illusionen gibt. Wir müssen feststellen, daß eine Koexistenz zwischen Freiheit und Totalitarismus langfristig unmöglich ist. Wir müssen der totalitären Versuchung Widerstand leisten, unter welcher Maske sie auch kommen möge.“

Otto von Habsburg war fest davon überzeugt, daß die kommunistische Herrschaft in Mittel- und Osteuropa vorübergehend sein würde. Er analysierte als Schwächen des kommunistischen Systems das falsche Menschenbild des Marxismus, die systematische Unterdrückung der Freiheit, das wirtschaftliche Versagen und das Nationalitätenproblem in der UdSSR. Seine Schlußfolgerung lautete 1980: „Diese langfristigen Probleme der kommunistischen Mächte beweisen, daß der Marxismus, trotz der äußeren Erscheinungen, gegen die Uhr kämpft. Die Entwicklung der Welt weist in eine andere Richtung.“ Mit dem großeuropäischen Ansatz verbunden ist die Auffassung von Europa als Kontinent der Freiheit. Dabei hat sich die Paneuropa-Union die christliche Sicht vom Menschen als Geschöpf und Ebenbild Gottes zu eigen gemacht. Dies gilt ihr als Grundlage der Rechte der Person, aber auch der Familie. Die Paneuropa-Union bekennt sich, wie es in ihrem "Vier Punkte"-Programm formuliert ist, zu dem Grundsatz, „daß die größere Einheit niemals Aufgaben übernehmen darf, die die kleinere zufriedenstellend erfüllen kann“, also zum Subsidiaritätsprinzip.

 

Im dritten Punkt bekennt sich die Paneuropa-Union zu einem sozialen Europa und distanziert sich gleichzeitig vom Sozialismus: „Sozialismus bedeutet Versklavung und ist daher das Gegenteil echter Sozialpolitik. Diese basiert auf der sozialen Marktwirtschaft - sie ist bestrebt das Eigentum breit zu streuen und viele unabhängige mittelständische Existenzen zu schaffen.“ Zu einem zweiten Markenzeichen der Paneuropa-Union wurde der vierte Punkt, das Bekenntnis zum Christentum als "Seele Europas". In den "Punkten" von 1976 heißt es dazu: „Würde das Christentum aus unserem Erdteil verschwinden, so müßte auch Europa sterben. Denn nicht das Kreuz braucht Europa, aber Europa braucht das Kreuz.“ Ungeachtet ihres überkonfessionellen Charakters fand die Paneuropa-Union seit den siebziger Jahren besondere Unterstützung bei zahlreichen katholischen Bischöfen, und bekannte sich ihrerseits zum Konzept der Neuevangelisierung Europas, das Papst Johannes Paul II. seit 1978 verkündete. Trotz dieser offensichtlichen Nähe zur Kirche wurde der Paneuropa-Bewegung immer wieder fälschlich eine freimaurerische Beeinflussung unterstellt. Gegen Vorwürfe dieser Art hatte sich Coudenhove-Kalergi bereits Anfang der zwanziger Jahre zu wehren. Im Zusammenhang mit der Übernahme der Präsidentschaft der Paneuropa-Union in Österreich durch Bundeskanzler Prälat Seipel schreibt er: „Einige Gegner Paneuropas suchten ihn (den österreichischen Bundeskanzler Prälat Seipel, Anm.d.Autors) von diesem Schritt zurückzuhalten mit der erdichteten Behauptung, die Paneuropa-Union wäre eine freimaurerische Gründung. Nachdem er sich von der Haltlosigkeit dieser Behauptung überzeugt, nimmt er das Präsidium der Paneuropa-Union Österreichs an...“21. Auch in der überarbeiteten "Grundsatzerklärung der Internationalen Paneuropa-Union" von 1995 heißt es unmißverständlich: „Das Christentum ist die Seele Europas. Unser Einsatz ist geprägt vom christlichen Menschenbild und dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Indem die Paneuropa-Union die europäische Wertegemeinschaft fördert, widersetzt sie sich allen Tendenzen, die die geistige und moralische Kraft Europas aushöhlen.“

Paneuropas Verankerung im Europäischen Parlament: 1979-1989

Von dem Oberpfälzer CSU-Politiker Heinrich Aigner inspiriert und von Franz Josef Strauß ermutigt, entschloß sich Otto von Habsburg, zusätzlich zur österreichischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen und bei der ersten Direktwahl zum Europäischen Parlament 1979 als Parteiloser auf der Liste der CSU zu kandidieren. Dies löste sowohl in Österreich als auch in Deutschland heftige Debatten aus: SPD-Politiker beschimpften den Präsidenten der Paneuropa-Union damals als „rassistischen Schreibtischtäter“ und „Reaktionär schlimmster Sorte“ und wollten „in ganz Europa“ Wahlkampf gegen ihn führen 22. Bei der Eröffnungsrede des ersten gewählten Europäischen Parlamentes am 17.Juli 1979 in Straßburg begrüßte die Alterspräsidentin Louise Weiss den Paneuropa-Präsidenten mit den Worten: „Kommen Sie herein, Richard Coudenhove-Kalergi. Nachfolger Ihres Pan-Europa ist in dieser Versammlung ein Prinz von Habsburg.“23

Im Europäischen Parlament schlossen sich Abgeordnete der Paneuropa-Union an. Es bildete sich eine Paneuropa-Parlamentariergruppe. Politisch versuchten die Abgeordneten, die sich zur Paneuropa-Idee bekannten, mit Initiativen für die Einführung eines einheitlichen Europapasses, für den Abbau der Grenzkontrollen, für die Einführung der 12 Sterne auf blauem Grund als offizielles Europa-Symbol das europäische Bewußtsein in der Bevölkerung zu fördern. Otto von Habsburg, der 1982 Obmann der EVP-Fraktion im Außenpolitischen Ausschuß wurde, setzte sich letztlich erfolgreich für die Wiedereinführung des Mitteleuropa-Begriffes in der Diktion der europäischen Institutionen und für ein Bekenntnis des Europäischen Parlamentes zur Freiheit der Völker Mittel- und Osteuropas ein.

Die Verankerung vieler führender Paneuropäer im Europäischen Parlament führte auch zu einer Stärkung der Paneuropa-Verbände in jenen Ländern, die der Europäischen Gemeinschaft angehörten. Ein besonderer Aufschwung der verbandlichen Strukturen der Paneuropa-Verbände war stets in der Zeit vor den Europawahlen zu verzeichnen. In den Staaten der EG bzw. EU wurden 1979, 1984, 1989 und 1994 von der Paneuropa-Union Informationskampagnen durchgeführt, die einerseits das Ziel hatten, paneuropäisch denkende Kandidaten zu unterstützen und über europapolitische Themen aufzuklären, andererseits aber auch zu einer höheren Popularität der Organisation beitrugen.

Aus ihrer weltanschaulichen Prägung heraus warnte die Paneuropa-Bewegung stets davor, daß die EG bzw. EU zu einer kalten Technokratie werden könnte. Um dies zu verhindern, arbeitet die Bewegung auf der Ebene der europäischen Institutionen und auf der Ebene von Öffentlichkeitsarbeit, Bildungsarbeit und Propaganda für eine Re-Christianisierung und Wiederentdeckung der christlichen Wurzeln und Werte Europas. Sie sieht in der Einigung Europas weniger eine pragmatische Entscheidung europäischer Staaten zum allseitigen wirtschaftlichen Vorteil als vielmehr die Verwirklichung des Wesens, der Identität Europas.

"Paneuropäisches Picknick" und Niedergang des "Ostblocks": 1989-1991

Stets ließ die Paneuropa-Bewegung keinen Zweifel daran, daß sie in der Vereinigung der Staaten Westeuropas nur den Ausgangspunkt für eine gesamteuropäische Einheit sah. Dies setzte nach ihrer Überzeugung allerdings den Zusammenbruch des kommunistischen Systems und die Befreiung der Völker Mittel- und Osteuropas voraus. Von der Realisierung dieses Zieles war die Paneuropa-Bewegung überzeugt. So schrieb Otto von Habsburg im Jahr 1984: „Die Lebenskrise der UdSSR kommt unvermeidlich auf uns zu. Denn die Sowjetunion ist nicht nur infolge ihrer politischen Strukturen unfähig, eine gesunde Wirtschaft aufzubauen. Sie ist auch vor allem das letzte große Kolonialreich auf Erden, in der Epoche der weltweiten Dekolonisierung.“ Es folgt eine Analyse der Lage in der UdSSR und die Schlußfolgerung: „Es ist demnach durchaus realistisch anzunehmen, daß die große Krise der UdSSR nicht mehr allzu lange auf sich warten läßt. Wir müssen uns auf diese vorbereiten, da in solchen Augenblicken unberechenbare Handlungen durchaus denkbar sind.“

Die Paneuropa-Bewegung beließ es nicht dabei, an den Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen in Europa und Rußland zu glauben und darauf zu warten, sondern versuchte aktiv, zu den Freiheitsbestrebungen jenseits des "Eisernen Vorhangs" Kontakte zu knüpfen. Beispiele dafür sind die zahlreichen Hilfen für die polnische Gewerkschafts- und Freiheitsbewegung Solidardarnosc, die Kontakte zu Bürgerrechtlern in der CSSR, die von Paneuropäern maßgeblich mitgetragene Pilgerfahrt des Augsburger Bischofs Josef Stimpfle in die Sowjetunion, die ersten Reisen Otto von Habsburgs 1988 durch Ungarn. Ab Mitte der achtziger Jahre intensivierte die Paneuropa-Union, die stets Kontakte zu kroatischen, ukrainischen, tschechischen, polnischen, slowakischen, ungarischen oder rumänischen Exilkreisen gehalten hat, die Beziehung zum Untergrund in den kommunistisch beherrschten Staaten Europas.

Ein historischer Einschnitt war das "Paneuropäische Picknick" bei Sopron (Ödenburg) an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich am 19.August 1989. Bei dieser Feier, zu der die in Flüchtlingslagern um Budapest gesammelten DDR-Bürger mit Flugblättern eingeladen wurden, kam es zur ersten Massenflucht von Deutschen aus der DDR in die Freiheit. 661 Menschen kamen bei dieser Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft von Otto von Habsburg - vertreten durch seine Tochter Walburga - und dem ungarischen Staatsminister Imre Pozsgay stand, nach Österreich. In einem Interview mit dem "Daily Mirror" sagte der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker später: „Habsburg verteilte in weiten Teilen Polens (sic!) Flugblätter, auf denen er alle DDR-Touristen zu einem Picknick einlud. Wer erschien, wurde bewirtet, mit Präsenten und D-Mark beschenkt und überredet, sich auf den Weg in den Westen zu machen.“24 Unbestritten ist heute, daß dieses Picknick die Fluchtwelle von DDR-Bürgern anschwellen ließ und damit zu den Massendemonstrationen in der DDR, die zum Zusammenbruch der SED-Herrschaft führten, wesentlich beitrug 25.

Am 9.November 1989 konnte die Paneuropa-Union ihre erste Mitgliedsorganisation im "Ostblock" gründen, in Ungarn. Gründungen und Aktivitäten in Böhmen, Mähren und der Slowakei 26, Polen, Rumänien, Kroatien usw. folgten in den nächsten Monaten. Die Kontakte mit Bürgerrechtlern, Freiheitskämpfern und neuen Gruppen im niedergehenden Ostblock beschränken sich nicht auf die Führung der Internationalen Paneuropa-Union, sondern beruhten vielfach auf Initiativen regionaler oder lokaler Paneuropa-Gruppen. So entstand ein breites Beziehungsgeflecht, an dem insbesondere die Paneuropa-Bewegung in Deutschland und Österreich arbeitete. Otto von Habsburg hatte in dieser Zeit nicht nur viele medienwirksame Auftritte in Ungarn, sondern auch in der CS(S)R, in der DDR und in Polen. Im Mai 1990 durchbrach der österreichische Paneuropa-Präsident Karl Habsburg-Lothringen mit einem Hilfstransport die sowjetische Blockade in Litauen und übergab Staatspräsident Landsbergis eine Paneuropa-Fahne.

Am 7.-9.12.1990 fand die internationale Generalversammlung der Paneuropa-Union in Prag mit 400 Teilnehmern aus 26 europäischen Völkern und Volksgruppen statt. Der österreichische Schriftsteller und Gelehrte Erik von Kuehnelt-Leddihn hielt dabei eine vielbeachtete Rede „An die Völker im Herzen Europas“, die er abwechselnd auf tschechisch, slowakisch, polnisch, ungarisch, kroatisch, slowenisch und deutsch vortrug. Das Jahr 1991 war geprägt durch den Aufbau mitteleuropäischer Paneuropa-Sektionen sowie durch die Agitation gegen die sowjetische Herrschaft im Baltikum und der Ukraine.

Die Paneuropa-Union setzte sich politisch und propagandistisch für die Freiheit und Unabhängigkeit Kroatiens und Sloweniens ein und organisierte humanitäre Hilfe für die vom Krieg betroffenen Gebiete. Otto von Habsburg plädierte bei einer Rede im slowenischen Parlament am 18.Januar 1991 für die Unabhängigkeit Sloweniens und warnte vor einem Blutvergießen. Ähnlich äußerte er sich im selben Monat in einem Schreiben an Franjo Tudjman, den Präsidenten des damals noch nicht unabhängigen Kroatien. Der "Paneuropa Kreis Alpen-Adria", der am 19.-21.04.1991 unter dem Vorsitz von Karl Habsburg-Lothringen mit slowenischen und kroatischen Delegierten im slowenischen Portoroz und im kroatischen Porec tagte, verabschiedete eine Erklärung, in der es heißt: „Wir unterstützen die Slowenen und Kroaten auf ihrem Weg in die Unabhängigkeit.“

Die EU vertiefen, erweitern und geistig erneuern: Die paneuropäische Strategie nach 1991

Der Zusammenbruch des sogenannten Ostblocks, verkörpert durch Warschauer Pakt und Comecon, und die Auflösung der Sowjetunion 1991 veränderten die weltpolitische Lage und die Entwicklung der Europäischen Gemeinschaft. Die von der Paneuropa-Bewegung stets geforderte Einigung ganz Europas wurde durch die Befreiung Mittel- und Osteuropas von der Utopie zur realen Möglichkeit. Die Paneuropa-Union drängte sowohl im Europäischen Parlament als auch in ihrer Basis- und Öffentlichkeitsarbeit auf die rasche Entwicklung einer Strategie zur Erweiterung der EG.

Nicht zuletzt durch den Maastrichter Vertrag mitbedingt, entstand in den europäischen Institutionen und den Mitgliedsstaaten der EG bzw. EU eine Debatte darüber, ob nun der Erweiterung oder der Vertiefung der Gemeinschaft der Vorrang zu geben sei. Die Paneuropa-Bewegung setzte dabei auf die Formel "Erweiterung und Vertiefung", ohne jedoch die Aufnahme neuer Staaten in die EU von einer vorausgehenden Reform abhängig zu machen 27. Diesen Standpunkt machte sich der Europäische Rat zueigen, als er 1993 beim Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen die Kriterien für die Aufnahme von neuen Staaten festlegte und im Hinblick auf die Erweiterung der EU für 1996/97 eine Regierungskonferenz einberief, deren Ziel es war, die Institutionen der Union handlungsfähiger und die Verfahrensweisen transparenter zu machen.

Mit dem 1992 unterzeichneten Maastrichter Vertrag kam in vielen Ländern der EU erstmals eine Diskussion darüber auf, ob die Union nicht bereits zu viele Kompetenzen an sich gezogen habe, und gegenüber den Nationalstaaten zu mächtig geworden sein könnte. Die Paneuropa-Union, die stets für einen föderalen Aufbau des vereinten Europa plädiert und auf die Wahrung der Subsidiarität Wert gelegt hatte, verwies darauf, daß das Subsidiaritätsprinzip in Maastricht erstmals europarechtlich verankert wurde 28.

Während in der Öffentlichkeit die Union den Eindruck vermittelte, in vielen Bereichen zu mächtig geworden zu sein, erschien sie gleichzeitig im Krieg Serbiens gegen Kroatien und Bosnien-Herzegowina als handlungsunfähig, außenpolitisch uneins und schwach. Die Paneuropa-Bewegung hatte seit langem eine ungleichmäßige Entwicklung von wirtschaftlicher und politischer Integration kritisiert. Im Vorfeld der Diskussion über eine Europäische Verfassung forderte sie deshalb in Veranstaltungen und Publikationen eine wirklich europäische, also gemeinschaftliche Außenpolitik der EU und eine Stärkung der europäischen Institutionen, nämlich des Europäischen Parlamentes und der EU-Kommission, gegenüber dem Rat als Vertretergremium der EU-Mitgliedsstaaten. Nach Auffassung der Paneuropa-Union sollten Rat und Parlament das Ober- bzw. Unterhaus, anders formuliert die Staaten- und die Völkerkammer, der europäischen Gesetzgebung bilden, während die Kommission zu einer echten Exekutive ausgebaut werden solle.

Die tagespolitischen Ziele der Paneuropa-Union sind derzeit die rasche und umfassende Erweiterung der Europäischen Union nach Osten, wobei Paneuropa den Grundsatz vertritt, daß jedes europäische Land ein grundsätzliches Recht auf Mitgliedschaft in der EU besitzt. In zahlreichen Resolutionen und Positionspapieren wurde nicht nur für die Staaten Südosteuropas (die durch den sogenannten Thessaloniki-Prozeß bereits eine grundsätzliche Zusage auf eine künftige EU-Mitgliedschaft haben) das Wort ergriffen. Ausdrücklich fordert die Paneuropa-Union die Eröffnung einer Perspektive für die EU-Mitgliedschaft auch für die Ukraine. Demgegenüber werden Rußland und die Türkei zwar als wichtige Nachbarn, nicht aber als künftige Mitglieder der Europäischen Union betrachtet.

Zunehmend betont die Paneuropa-Union in ihren Aussagen zur europäischen Einigung den eigenständigen paneuropäischen Ansatz. Der von Coudenhove-Kalergi gewählte Ansatz war eine geopolitische Zielformulierung. Ein politisch geeintes Europa – mit einem freien Binnenmarkt und einer gemeinsamen Währung – sollte außen- und sicherheitspolitisch in der Lage sein, auf der weltpolitischen Bühne seine Positionen zu vertreten.

Gleichzeitig arbeitet die Paneuropa-Union für eine geistige Inspiration Europas, indem sie sich zu der von Papst Johannes Paul II. geforderten "Neuevangelisierung Europas" bekennt. Die Betonung dieses weltanschaulichen Fundamentes hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Während es bis zu der Zeit de Gaulles darum ging, ob ein vereintes Europa entsteht oder nicht, lautete die Frage später, welche Form dieses Europa annehmen sollte. Die Frage ist, auf welchem geistigen und sittlichen Fundament das europäische Staatswesen von morgen ruht. Für die Auseinandersetzung um diese Frage hat sich die Paneuropa-Union mit der Betonung des Christentums - nicht nur als Erbe und Tradition, sondern als gesellschaftsformende Kraft - bereits klar positioniert.

1 Ausführlich beschrieb Richard Coudenhove-Kalergi seine Herkunft, seine Kindheit und sein Lebenswerk in: „Der Kampf um Europa. Aus meinem Leben“, Zürich, Wien 1949. Zur Biographie Coudenhove-Kalergis: R. Italiaander: „Richard N. Coudenhove-Kalergi, Begründer der Paneuropa-Bewegung“, Freudenstadt 1969; C. Schöndube: „Ein Leben für Europa: Richard Graf Coudenhove-Kalergi“, in: „Persönlichkeiten der europäischen Integration“, hrsg. v. T. Jansen und D. Mahncke, Bonn 1981.

2 "In diesen Tagen entschwand die Welt, in der ich aufgewachsen war. Die Dynastie, der meine Ahnen von Holland nach Belgien gefolgt waren und von Belgien nach Österreich, war gestürzt und entmachtet. Der Einfluß des Adels war gebrochen. Die neue Welt, die damals entstand, war demokratisch, republikanisch, sozialistisch und pazifistisch. Ich begrüßte diesen Wandel. Mein Herz und mein Geist waren mit der Zukunft. Nichts verband mich mit der Welt Kaiser Wilhelms, alles mit der Welt Wilsons."

3 In: „Pan-Europa“, S.85. Auf den Seiten 88-92 schildert er den Zukunftskrieg mit geradezu prophetischer Klarsicht. Rückblickend schrieb er 1949: "Bald war mir sonnenklar, daß Paneuropa der einzige Weg war, einen zweiten Weltkrieg zu verhindern.".

4 Er sieht diese Gegner in den "nationalen Chauvinisten", den "Kommunisten", den "Militaristen" und in den "Schutzzollindustrien".

5 Bereits 1923 hatte er geschrieben: "Sämtliche demokratische Parteien Europas haben die Pflicht, die paneuropäische Bewegung geschlossen zu unterstützen." Nur von den Kommunisten und "nationalen Chauvinisten" erwartete er Widerstand. "Das paneuropäische Ideal bietet den demokratischen Parteien die Möglichkeit zu einer positiven und aktiven Außenpolitik."

6 In der Tschechoslowakei schloß sich Außenminister Edward Benes auf Anregung von Staatspräsident Masaryk der Paneuropa-Bewegung an, in Frankreich Ministerpräsident Edouard Herriot.

7 Coudenhove-Kalgeri schrieb: "Die Wiener waren stolz, Ausgangspunkt und Mittelpunkt dieser internationalen Bewegung zu sein. Viele hofften, daß eines Tages Wien die europäische Bundeshauptstadt werden würde. Und überall in den Straßen Wiens traf man Männer und Frauen mit dem Paneuropazeichen im Knopfloch."

8 Der Historiker Martin Posselt nennt Briands Initiative den "Höhepunkt der Paneuropa-Kampagne der Zwischenkriegsjahre".

9 Dazu schreibt Martin Posselt: "...der deutsche Industrielle Robert Bosch, entzog Coudenhove 1933 die Unterstützung, weil dieser sich auf die Befürwortung einer Achse Hitler-Daladier nicht einlassen wollte. Andererseits distanzierten sich einstige linksintellektuelle Mitstreiter wie Heinrich Mann und Kurt Hiller, die ihre Hoffnungen auf Stalin setzten und den `Antibolschewismus' Coudenhoves verurteilten."

10 Gleichzeitig kämpfte der spätere Nachfolger Coudenhove-Kalergis, Österreichs Erzherzog-Thronfolger Otto, im belgischen Exil und in Paris für die Unabhängigkeit seiner Heimat.

11 In seinem Lebensrückblick schreibt er: "Die moderne Halbbildung war der ideale Nährboden des Nationalsozialismus, geschaffen für Menschen mit rudimentären wissenschaftlichen Kenntnissen...".

12 R.N. Coudenhove-Kalergi: Stalin & Co., Leipzig, Wien 1931. Hier analysiert der Paneuropa-Gründer, was von den meisten Zeitgenossen erst nach 1945 erkannt wurde: "Das Reich Stalins ist nach innen ein Polizeistaat, nach außen eine imperialistische Großmacht.", S.16, "Kein Kommunist zweifelt, daß der heutige Scheinfriede zwischen Bolschewismus und Abendland nur ein Waffenstillstand ist. Eine Atempause zum Ausbau der eigenen Kriegsbereitschaft, zur Zermürbung Europas durch Propaganda und zur Spaltung Europas durch Diplomatie."

13 R.N. Coudenhove-Kalergi: Totaler Staat - totaler Mensch, Glarus 1937. Der größte Teil dieser Auflage wurde 1938 von der Gestapo in Wien beschlagnahmt und nach Berlin geschafft. Das Buch erschien erneut, überarbeitet und mit einer Widmung an Papst Johannes XXIII. im Jahr 1965.

14 Eine solche Exilregierung hätte nach Meinung Coudenhove-Kalergis "Österreich bei den Friedensverhandlungen in die Reihe der Siegerstaaten gestellt". In „Kampf um Europa“ schrieb er: "Diese Verhandlungen brachten uns auch in Verbindung mit Erzherzog Otto, dem ältesten Sohn Kaiser Karls, einem ungewöhnlich begabten und hochstehenden jungen Mann von umfassender Bildung und großem persönlichen Charme. Wäre sein Reich nicht in den Tagen seiner Kindheit zusammengebrochen, so wäre er wahrscheinlich als einer der bedeutendsten Herrscher seiner Dynastie in die Geschichte eingegangen."

15 "Nach der Kapitulation Pétains war in Europa kein Raum mehr für die Paneuropa-Bewegung. Am gleichen Tag, da de Gaulle den Boden Frankreichs verließ, um für die Befreiung seines Vaterlandes zu kämpfen, begannen auch für mich die Jahre der Emigration."

16 "Zuletzt war ganz Amerika für die Paneuropa-Idee gewonnen", schreibt Coudenhove später. "Die einzigen Gegner der Idee waren die Kommunisten und ihre Freunde." Tatsache ist sicher, daß die pro-sowjetischen Emigranten der Paneuropa-Bewegung in den USA besonders schadeten. So gingen z.B. Thomas Mann oder Edward Benes aus Gründen der Sowjetophilie auf Distanz zu Paneuropa.

17 Der Europarat würdigte Coudenhove-Kalergi als einen seiner Gründerväter und stellte im Straßburger "Palais de l'Europe" (vor Saal 7) eine Büste des Paneuropa-Gründers auf.

18 Bei einer Feier in Straßburg aus Anlaß des 80.Geburtstages von Pons sagte Otto von Habsburg 1990: "Es gab in der Geschichte unserer Bewegung einen kritischen Moment. Nach dem Tode unseres Gründers Graf Coudenhove-Kalergi wurden Stimmen laut, unsere Arbeit zu beenden und die Organisation aufzulösen. Es war Vittorio Pons, der damals durchsetzte, daß es weitergehen sollte, um die paneuropäische Idee von Europa zu verwirklichen."

19 Otto von Habsburg: Entscheidung um Europa, Innsbruck, Wien, München 1953, S.41.

21 In: „Europa erwacht“, S.90.

22 Alt-Bundeskanzler und SPD-Spitzenkandidat Willy Brandt meinte am 1.5.1979 auf dem Münchener Marienplatz, Otto von Habsburg müsse auf dem internationalen Parkett anders reden als in bayerischen Bierzelten. Als sein Kurzzeitkollege im Europäischen Parlament hätte sich Brandt vom Gegenteil überzeugen können, wenn er mehr präsent gewesen wäre.

23 Zit.nach: W. Münch/M. Möhnle: „Drehscheibe der Weltpolitik. Historische Reden vor dem Europäischen Parlament“, München 1988, S.13.

24 Ob Honecker oder die Redaktion des "Daily Mirror" Polen mit Ungarn verwechselte, ist ungeklärt. Die Schilderung der Vorgänge entspricht nicht den historischen Tatsachen. Es gab weder Geld noch Geschenke, sondern eine Ansprache der Tochter Otto von Habsburgs, Walburga, die heute Generalsekretärin der Internationalen Paneuropa-Union ist, auf Ungarisch und Deutsch.

25 Am 10.09.1989 öffnet Ungarn seine Grenze für alle ausreisewilligen Deutschen aus der DDR; am 25.09. beginnen die Demonstrationen in Leipzig und anderen Städten; am 4.11. betritt der Präsident der Paneuropa-Union erstmals die DDR, während gleichzeitig die Teilnehmer des Bundeskongresses der Paneuropa-Jugend in (West-) Berlin von vermummten Autonomen mehrfach angegriffen werden; am 8.11. tritt das SED-Politbüro zurück.

26 Da die Paneuropa-Union die Tschechoslowakei ebenso wie Jugoslawien für einen Kunststaat hielt, gründete sie von Anfang an zwei getrennte Paneuropa-Verbände: Im Januar 1990 die "Paneuropa-Union Böhmen und Mähren" sowie einen Monat später die "Paneuropa-Union Slowakei". In diesem Zusammenhang kam es auch zu Begegnungen mit dem geographischen Ursprung der Bewegung: Nach Einzelbesuchern traf am 26.11.1989 erstmals eine offizielle Paneuropa-Gruppe im Rahmen des "Further Seminars" in Ronsperg ein, damals noch observiert durch den tschechischen Geheimdienst. Am 1.09.1990 beging der Generalsekretär der internationalen Paneuropa-Union, Vittorio Pons, seinen 80.Geburtstags mit Paneuropäern im verfallenen Schloß Ronsperg.

27 Der frühere Europaabgeordnete und Präsident der Paneuropa-Union Deutschland, Siegbert Alber, schrieb 1992: "Die Erweiterung Europas ist (...) wichtiger als der Binnenmarkt und wichtiger als die Währungsunion. Das gemeinsame Haus Europa ist das Entscheidende."

28 Im "Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG)", Art. 3b, heißt es: "In den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, wird die Gemeinschaft nach den Subsidiaritätsprinzip nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedsstaaten nicht ausreichend erreicht werden können und daher wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden können."

 
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